Bäuerliche Architektur
Nachruf und Übersetzungsleistungen




"Der Industrielle Friedrich ... hat sich im Gebiet von .... ein ansehnliches vor langen Jahren aufgegebenes Bergbauerngehöft in der Absicht erworben, dieses nach durchgeführter Restaurierung als Alterswohnsitz zu beziehen. Für den Kauf entschied er sich nicht zuletzt wegen des großen Jagdgebietes, welches zum Anwesen gehört. Als der Industrielle seiner erst fünfunddreißigjährigen Frau Marianne ... das erworbene Gehöft zeigen wollte, stieg diese trotz aller Warnungen auf den Dachboden, wo sie durch die morschen Bodenbretter brach und vier Meter tief auf den Mauerblock der noch erhaltenen Rauchküche stürzte, wo sie schwerverletzt liegen blieb. Die Rettung der jungen Frau erwies sich als schwierig. Da aufgrund dichten Nebels an einen Hubschraubereinsatz nicht zu denken war, musste die Frau von der Bergrettung geborgen und in das nächste Dorf getragen werden, von wo sie mit einem bereitstehenden Rettungsauto in das Bezirkskrankenhaus eingeliefert wurde. Bei der erwähnten Rauchküche handelt es sich um einen der letzten noch erhalten gebliebenen Räume dieser Art. Über den Zustand der Verletzten war bei Redaktionsschluss noch nichts bekannt."

Stattlich, schön, eigentümlich, einfach, originell, vollendet, einzigartig, klassisch, auffallend, harmonisch, bezaubernd, zauberhaft, gefällig, säuberlich, sorgfältig, geschmackvoll, liebevoll, gepflegt, geschmückt, attraktiv, aufwendig, prächtig, kunstvoll, wertvoll, prachtvoll, effektvoll, typisch, patiniert, ausgewogen, dekorativ, ausladend, gelungen, reich, üppig, interessant, belebend, hervorragend gestaltet, sehenswert, imponierend, außergewöhnlich, ursprünglich, schlicht, wohlproportioniert, sparsam, genügsam, verziert, reich verziert, prachtvoll gestaltet, stattlich, blumengeschmückt, farbenprächtig, schmuck, geschmückt, behaglich, bemerkenswert, sehenswert, stilgerecht, beeindruckend, holzgetäfelt, filigran, malerisch, kostbar, unverfälscht, solide, unwiederholbar: Adjektive zur Beschreibung bäuerlicher Architektur. An die Stelle einer genauen, d.h. fragenden Architekturbetrachtung treten Stimmungsbilder: "Die gefällig das Fenster schmückenden Blumen, das säuberlich geordnete Brennholz und die sorgfältig aufgehängten Wollsocken drücken mehr aus als viele Worte."

In solchen Texten erfährt man nichts über das oft harte Leben kleiner Bauern, nichts über Knechte und Mägde, die nicht heiraten durften, nichts über Kinder, die hungrig zu Bett mussten, nichts über Frauen, die im Kindbett starben. Heutige Bauernhausfotografen scheinen glücklich, finden sie noch Restexemplare jener Menschen, deren Leben nicht zuletzt darin bestand, Heu, Mist, Holz und vieles andere in oft steilem Gelände zu tragen. Beschränkt man sich auf die Schau- und Schmuckseiten, erfährt man wenig über bäuerliche Architektur. Nicht Gebäudetypen sind von Bedeutung, sondern die Bedingungen, denen sich diese verdanken. Man muss sich damit beschäftigen, wie die Architektur das Leben der Menschen rahmt oder gerahmt hat. Man muss sich mit ihren Funktionen befassen, wenn möglich mit Menschen sprechen, die darin leben. Tut man dies, dann begreift man, dass es sich beim scheinbar Beständigen nur um eine partielle und vorläufige Konsolidierung des sich Ändernden handelt. Man fällt von einer Verwerfung in die andere. Ein auf den ersten Blick bestens erhaltenes bäuerliches Ensemble kann sich als reinste Simulation erweisen, dann wiederum kann man einer Bergbäuerin begegnen, die in einem einfachen Holzhaus aus dem sechzehnten Jahrhundert ihren gelähmten Mann betreut, der in einem computergesteuerten Pflegebett liegt. Es findet sich kaum ein anderes Feld, in dem sich heute die umfassende Ökonomisierung menschlichen Lebens besser studieren ließe. Man muss sich mit neuen Bewirtschaftungstechniken beschäftigen, sich Laufställe anschauen, sich mit Ökonomie befassen, die Aufmerksamkeit auf das sich Ändernde, nicht auf das scheinbar Beständige richten.

BauStelle Schloss Lind, St. Marein bei Neumarkt / Stmk
Mai - 31. Oktober 2009
Täglich außer Montag von 17.00 - 20.00 Uhr und gegen telefonische Voranmeldung
info@schlosslind.at
Tel.: 03584/3091


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