17 x 7 plus 16 x 7 plus 11 x 7. 348 transparente Plastiktüten in den Farben
von blau bis weiß, dazwischen Grün- und diverse Gelb- und Rosatöne,
aufgereiht an horizontal verlaufenden Gummischnüren, die zwischen 16mm
starken Stahlbetonstangen gespannt sind. Sieben Gummischnüre verbinden die
Stahlbetonstange A mit der Stange B, sieben die Stange B mit der Stange C,
sieben die Stange C mit der Stange D. So ergeben sich drei Flächen. Die
Fläche 2 steht in einem rechten Winkel zur Fläche 1, die Fläche 3 in einem
Winkel von 45° zur Fläche 2 und 1, wobei diese mit letzterer nicht verbunden
ist. Die vier Stangen, die in einem leicht nach außen gerichteten schrägen
Winkel in die Erde getrieben wurden, werden durch die Gummischnüre
zusammengezogen, so dass sie senkrecht in der Erde zu stehen scheinen. Kommt
Wind auf, füllen sich die Tüten, dehnen sich die Gummischnüre. Nun neigen
sich die Stangen nach außen. Manchmal erinnern die Bewegungen der Tüten und
Stangen an die Atembewegung. Ausdehnen und Zusammenziehen. Eine leichte, oft
aber doch sehr bestimmte Bewegung. Ist es windstill, hängen die Tüten
schlaff an den Schnüren und lassen an Kinderhemdchen an Wäscheleinen denken.
Aber schon bei kleinsten Windbewegung blähen sie sich auf, heben und öffnen
sich wie die Lamellen von Jalousien. Je nach Windrichtung können sie sich,
da sie an den Schnüren selbst nicht fixiert sind, nach links oder rechts
bewegen. Manchmal wandern einzelne Tüten langsam von der einen auf die
andere Seite. Kommt jedoch ein heftiger Windstoß, können sich viele Taschen
auf der einen oder auf der anderen Seite geradezu zusammenklumpen. Wie ein
Seismograph reagiert das Gebilde auf jede Windbewegung. Die einzelne
Plastiktüte mag noch so leicht sein, noch so wenig Gewicht haben, in ihrer
Summe machen die Tüten die Stahlbetonstangen beweglich und lassen diese
leicht erscheinen. Leichtes und Schweres, Hartes und Elastisches sind in
besonderer Weise zusammengefügt. Es ist ein Klangkörper mit einem
Lautspektrum, welches von einem leisen Rascheln, Reiben bis - abhängig von
der Windstärke - zu einem lauten Surren reichen kann. Wie die Plastiktüten
ihr Gegenstück in den Eisenstangen finden, hat die Installation ihr
Gegenstück im geschlossenen Innenraum, in dem die außen aufgenommenen
Geräusche aus zwei Lautsprecherboxen zu hören sind. Vom Innenraum blickt man
auf die davor im Garten aufgestellte Installation, die je nach Windbewegung
in ständig neuen Variationen den Blick auf die dahinter liegende
Gebirgslandschaft freigibt. Der zentrale Berg im Hintergrund nennt sich
"Drei Schwestern", von denen die Sage berichtet, sie seien aus Geldgier in
Stein verwandelt worden. Solche Bezüge spielen jedoch keine Rolle. Das
Sicht- und Hörbare ist einzig das, was es ist. Der Berg ist ein Berg, das
Läuten der Kirchenglocken ist nur das Läuten von Kirchenglocken und die
Plastiktüten, auf Pariser Märkten gekauft, sind einzig Plastiktüten,
normierte Industrieprodukte (ohne Aufschrift) für diese oder jene
Verwendung. Die Plastiktüten dieser Installation verdanken sich nicht ihrer
eigentlichen Bestimmung, sondern der Intention, Musik und bildende Kunst in
einem Projekt zusammenzubringen. Sie boten sich als eines unter anderen
Materialien an, weil sie neben ihren Farbqualitäten auch als akustisches
Material interessant sind. Dies gilt auch für die Schnüre, die üblicherweise
beim Gummi-Twist Verwendung finden. Ben Hübsch und Carl-Ludwig Hübsch haben
ihre Erfahrungen, der eine als bildender Künstler, der andere als Musiker
eingebracht. Gleichwertig ergänzen sich Bild und Klang. Die Feinarbeit
geschah an Ort und Stelle mit Hilfe unterschiedlicher Versuche,
Neuanordnungen und Ergänzungen des dokumentierten Tonmaterials, das sich
nicht nur auf die von den Tüten erzeugten Geräusche, sondern auch auf
Geräusche der Landschaft bezog. Hat Ben Hüsch, ausgehend von einer
zufälligen Hängung, eine strenge Farbanordnung entwickelt, so hat
Carl-Ludwig Hübsch die von ihm dokumentierten O-Töne schließlich ähnlich
streng geordnet und den direkt eingespielten Tütengeräuschen unterlegt,
versucht, die Bewegung der Tüten in der Musik bzw. Klanginstallation
umzusetzen. Eine Zeit- oder Tüteneinheit entspricht 1/2 minute. Den acht
Tütenfarben sind acht O-Töne zugeordnet. Die Klänge ziehen sich entsprechend
der Farbanordnung auf der Fläche 1, gelesen von links oben nach rechts
unten, durch das Tonstück. Die jeweilige Lautstärke entspricht der Struktur
der Fläche 2, Rhythmus und Klangdauer jener der Fläche 3. Berge werden keine
versetzt, wohl aber sind Bergbilder zu sehen, die sich, kaum sind sie
entstanden, wieder auflösen oder ändern. In dem Augenblick, in dem das
Objekt selbst die Serienreife erlangt hat, wird es, nach staunender und
wehmütiger Betrachtung, auch schon wieder abgebaut. Es bleiben nur Bilder.
Musik- bzw. Tondokumente lassen sich besser konservieren. Das Tonstück
dauert 1 Stunde und 8 Minuten.
Ein Windstoß.