SCHWEINE-REISEN




Als James Cook am 17. Januar 1779 in der Kealakekua-Bucht auf Hawai vor Anker ging, erfuhr er eine gottähnliche Verehrung. Da niemand an Bord die Sprache der Insulaner verstand, konnte er nicht wissen, dass sich diese versammelt hatten, um die Wiederkehr ihres Gottes Lono zu feiern, des Gottes der Wohlfahrt und des Friedens. Noch an Bord der "Resolution" wird Cook von einem Priester, der sich ihm mit "allen Anzeichen der Verehrung" nähert, ein rotes Tuch um die Schultern gelegt. Mit roten Tüchern pflegten die Insulaner ihre Götterstandbilder zu schmücken. Unter Beschwörungen und Gesängen wird Cook ein kleines Schwein überreicht, die übliche Gabe an die Götter. Die eigentliche Anbetung findet erst an Land statt, in einem heiligen Bezirk, in den Cook mit einigen Gefährten geleitet wird. Auf einem Opfertisch, gebettet auf Zuckerrohr, Kokosnüssen und anderen Früchten liegt ein geschlachtetes Schwein. In einer feierlichen Prozession wird ein lebendes Schwein herbeigetragen und Cook unter Zeichen der Verehrung dargebracht. Wieder wird er in ein rotes Tuch gehüllt. Im Klang ritueller Gesänge folgt ein gebackenes Schwein. Ava-Früchte werden gekaut, um daraus ein Getränk zu bereiten. Nach langen Zeremonien kaut einer der Häuptlinge das Fleisch einer Kokosnuss. Mit dem ausgespuckten Brei reibt er Cooks Gesicht, dessen Hände, Arme und Schultern ein. Während das zubereitete Getränk herumgereicht wird, schneiden ein Häuptling und ein Priester das Fleisch der Schweine in Streifen und füttern damit die Ankömmlinge. Einer von Cooks Begleitern: "Ich hatte keinen sonderlichen Widerwillen dagegen, durch Pareea gefüttert zu werden, war er doch eine höchst reinliche Person; Captain Cook indessen, welcher von Koah bedient wurde, konnte sich, wohl in Erinnerung an das blutbesudelte Schwein, eines Gefühles des Übelseins nicht erwehren; und sein Widerwille ward, wie man sich gar leicht vorstellen mag, keineswegs geringer, wenn der alte Mann, seiner eigenen Art folgend, dieses für ihn vorgekaut hatte."

Cook, so überlegen er sich den Eingeborenen fühlte, sah sich keineswegs als göttliches Wesen. Ließ er all das über sich ergehen, überwand er seinen Ekel, so dachte er einzig an die Vorteile, die ihm eine solche Verehrung bringen würde, an sichere Anlegeplätze, Stützpunkte, frisches Wasser, an Obst und Gemüse, nicht zuletzt an Schweine, um die Besatzung zu verpflegen. Und natürlich dachte er daran, entdeckte Inseln und Ländereien im Namen Seiner Majestät König Georg III. in Besitz zu nehmen. Entsprechend den Instruktionen der Admiralität - teilweise durfte er diese erst nach dem Erreichen bestimmter Ziele auf hoher See öffnen - dokumentierte Cook neben Daten, welche für die Navigation nützlich waren, alles, was für die Ausbeutung bestimmter Inseln oder Küsten von Bedeutung sein konnte: "Die Produkte dieser Insel sind Brotfrucht, Kokosnüsse, Bananen, eine Frucht wie ein Apfel, süße Kartoffeln, Yams, eine Frucht mit dem Namen Eag melloa, welche als große Köstlichkeit gilt, Zuckerrohr, welches die Einwohner in rohem Zustand essen ..." Cooks Interesse galt auch der Religion und Gesellschaftsordnung der Eingeborenen.

Unmittelbar war er auf die Eingeborenen angewiesen. Die erste Kontaktaufnahme war in der Regel mit Geschenken verbunden. Häuptlinge wie ranghohe Mitglieder der Eingeborenengesellschaft erhielten Beile, Stoffe aus Leinen, Kleidungsstücke oder "sonstige Dinge nach ihrem Geschmack." An die einfache Bevölkerung konnten Münzen mit niederem Wert oder Glasperlen verteilt werden. Cook ließ, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, Dudelsäcke blasen und Trommeln schlagen. Er war bestrebt, den Handel mit den Eingeborenen einer gewissen Ordnung zu unterwerfen. Um für die an Bord mitgeführten Waren einen bestmöglichen Preis zu erzielen, die Ausgaben berechenbar zu machen, ernannte Cook für jede Art des Handels mit Vorräten, Früchten und anderen Produkten eine oder mehrere Personen. Allen anderen Besatzungsmitgliedern war der Handel mit den Eingeborenen bei Strafe verboten. Ein ungleiches Verhältnis. Bereits bei kleinsten Konflikten wurden die wahren Machtverhältnisse offensichtlich. Bei Auseinandersetzungen, manchmal handelte es sich um banalste Missverständnisse, kamen regelmäßig Eingeborene ums Leben: "... unverzüglich befahl der Maat seinen Männern, das Feuer zu eröffnen, und der Räuber der Muskete wurde zu Tode getroffen."

Cook war mit früheren Expeditionsberichten in den pazifischen Raum bestens vertraut, auch mit denen des spanischen Schiffskapitäns Don Pedro Fernandez de Quiros. Als dieser 1606 an einer der Inseln der Neuen Hebriden anlegte, nahm er zwei Eingeborene gefangen. Am folgenden Tag ließ er sie - in Seide gekleidet, geschmückt mit Federhüten und Brokatbändern, ausgestattet mit Messern und Spiegeln - wieder frei. Als Gegengabe erhielt er zwei Schweine, Früchte und mehrere mit Trinkwasser gefüllte Bambusrohre. Die erste Begegnung und das erste Tauschgeschäft zwischen Bewohnern der Neuen Hebriden und einem Europäer.

Im Tauschhandel prallten westliche Warenökonomie und verpflichtende Gabenökonomie aufeinander. Während im Cookschen Denken Schweine als notwendiges Versorgungsgut betrachtet und möglichst billig, etwa mit einem geschmiedeten Nagel abgegolten werden sollten, waren Schweine für die Bewohner der pazifischen Inseln nicht nur lebendes Fleisch: "Alsodann brachten sie eine große Anzahl kleiner Schweine und übergaben sie uns ohne das geringste Zeichen der Erwartung, hierfür irgend etwas als Erwiderung zu erhalten; vielmehr wurden die meisten von ihnen zusammen mit grünen Zweigen übergeben, und diese in der zeremoniellen Art, welch selbe bei Gelegenheiten gleich dieser üblich ist." Ein so übergebenes Schwein ist als Gabe zu betrachten, die zwar mit bestimmten Erwartungen verknüpft sein kann, aber keinen Preis kennt. Mit grünen Zweigen geschmückte Schweine sind das genaue Gegenteil von Verpackungen wie wir sie aus unserer Warenwirtschaft kennen. Cook war sich des Unterschieds durchaus bewusst, schreibt er, das Schwein sei ihm mit den "üblichen Zeremonien" übergeben worden. Aber um die Bedeutung wie den Wert der Schweine für die Inselbewohner wusste er ebensowenig wie Quiros. Er betrachtete Schweine mit ganz anderen Augen als die Eingeborenen.

Mochten die Gesellschaftsformen des pazifischen Raumes noch so unterschiedlich sein, so handelte es sich durchgehend um Kulturen, die maßgeblich um das Schwein organisiert waren, um Schweine-Kulturen. Als Beispiel sei die zu den Neuen Hebriden zählende Insel Ureparapara genannt. Schweine wurden mit Leben gleichgesetzt. Ohne Schweine, so dachten die Inselbewohner, würden sie bloß existieren. Alle hatten mit Schweinen zu tun, von der Geburt bis zum Tod war das Leben der Menschen eng mit Schweinen verknüpft. Mit Schweinen kauften sich Männer Frauen, deren Aufgabe nicht zuletzt darin bestand, Schweine großzuziehen. Männer, die ein Schwein töteten, dessen Hauer mehr als einen einfachen Kreis erreicht hatten, konnten hohes Ansehen gewinnen. Mehr als einen einfachen Kreis? Ausgewählten männlichen Schweinen wurden, waren sie etwa ein Jahr alt, die oberen Hauer entfernt, damit die unteren Hauer ungehindert wachsen, sich zu Kreisen formen konnten. Um einen Kreis zu bilden, dauerte es etwa sieben Jahre, eine lange Zeit also, die mit einem großen Aufwand verbunden war. Ab einem gewissen Zeitpunkt hatten die Frauen Nahrung diesen Schweinen vorzukauen. Ein Mann, der sich eine Frau mit Schweinen kaufte, kaufte sich gleichzeitig eine Arbeitskraft, um Schweine großzuziehen und so das in sie investierte Kapital wieder zurückzuerlangen. Schweine dienten als Zahlungsmittel, für Frauen, Gesänge, das Erreichen eines höheren Ranges in einem der Geheimbünde und vieles andere. Dass es sich um ein sehr kompliziertes Tauschsystem handelte, machen allein die etwa 50 Bezeichnungen deutlich, mit denen jedes Stadium im Wachstum der Hauer beschrieben werden konnte. Im Gegensatz zu unserem Geld waren Schweine alles andere als ein neutrales, geschichtsloses Zahlungsmittel. Hauerschweine dienten zwar als Zahlungsmittel, aber im Gegensatz zu unserem Geld konnten sie diese Funktion nur einmal erfüllen. Bezahlte jemand mit einem Schwein, so wurde dieses geopfert und anschließend verzehrt. Wie wenig Cook und die Bedeutung von Schweinen für die Eingeborenen verstand, macht allein der Umstand deutlich, dass er in seinen Logbüchern nicht zwischen Hauerschweinen und gewöhnlichen Schweinen unterscheidet. Er sah nur Schweine.

Cooks Expeditionsreisen waren eine logistische Herausforderung. Man muss allein an die enorme Menge von Nahrungsmitteln denken, die nötig waren, um eine Schiffsbesetzung während so langer Expeditionen zu versorgen. An einer Stelle erwähnt Cook die Aufnahme von 4000 Gallonen Madeira-Wein. 60 Fässer Sauerkraut. Zur Proviantierung zählten Schweine und Schafe, die während der Fahrt geschlachtet wurden. Es versteht sich von selbst, dass ein beträchtlicher Teil der erforderlichen Nahrungsmittel während der Reise beschafft werden musste. Dies gilt vor allem für Trinkwasser, aber auch für frisches Gemüse oder Früchte, die Cook für die Bekämpfung des Skorbut unerlässlich schienen, und Frischfleisch. Je länger die Fahrten dauerten, umso dringender war es, fehlende Bestände wieder zu ergänzen. In den antarktischen Gewässern galt es etwa, selbst dann, war noch frisches Schafsfleisch verfügbar, Albatrosse, die sich auf dem Schiff niederließen, mit Feuerhaken zu erschlagen: "Nach dem Dinner setzte ich drei Boote aus und landete mit einer großen Gruppe von Männern, einigen zum Töten von Robben, anderen, um Vögel, Fische, oder was sonst in ihren Weg geriet, zu fangen oder zu töten." Um dem Skorbut vorzubeugen, dachte Cook selbst an das Sammeln von Löffelkraut.

Auf den polynesischen Inseln war die Beschaffung von Schweinen ein ständiges Thema: "Leutnant Pickersgill wurde erneut zum Süden der Insel mit Beiboot und Barkasse geschickt. Er kehrte noch desselben Tags mit 28 Schweinen zurück." Oder: "Die Hilfsgüter, welche wir auf diesem Eiland erhalten hatten, waren 150 Schweine, die doppelte Anzahl Hühner Bananen, Kokosnüsse, so viele wir irgend fassen konnten, und einige eßbare Wurzeln." Wie groß der Bedarf nach Schweinen war, wird etwa deutlich, schreibt Cook bedauernd in sein Logbuch, während der siebzehn Tage, die sie auf einer Insel verbracht hätten, hätten sie nicht mehr als 25 Schweine und nur ein Huhn erhalten. Solche Expeditionen waren untrennbar mit der Beschaffung von Schweinen verbunden. So schreibt etwa Louis-Antoine de Bougainville nach seinem kurzen Aufenthalt in Tahiti: "Wir haben auf beiden Schiffen 800 Stück Geflügel und 150 Schweine teils verzehrt, teils an Bord genommen. Ohne die Unruhen und Gefahren der letzten Tage würden wir weit mehr mitgenommen haben, denn die Einwohner brachten uns täglich einen größeren Vorrat." Cook beklagt sich mehrfach, dass es auf manchen Inseln kaum noch Schweine gäbe. Durch Expeditionsfahrten, die nicht zuletzt dazu dienten, entdeckte Inseln für die spanische, englische oder auch französische Krone in Besitz zu nehmen, nahm der Schweinebestand innerhalb weniger Jahre bedrohlich ab. Zudem waren die Eingeborenen, die bereits Erfahrungen mit schweinefleischhungrigen Weißen gemacht hatten, zunehmend weniger gewillt, ihre Schweine mit den Ankömmlingen zu teilen. Die beachtlichen Mengen an Schweinen, die verzehrt wurden, beeindrucken uns. Dabei fanden Schweine nur dann Erwähnung, ließen sich viele beschaffen, weniger als erwartet oder gar keines. Man stelle sich dagegen einen Flugzeugträger vor. Auch auf einem Flugzeugträger werden viele Schweine verzehrt. Mit lebenden Schweinen ist niemand konfrontiert. Wir haben es mit befriedetem Fleisch zu tun. Zu Cooks Zeit war an Bord das Quieken von Schweinen zu hören, zählte das Schlachten von Schweinen wie anderen Tieren zum Alltag.

Um die pazifischen Inseln zu erreichen, waren die Schiffe monatelang auf hoher See. Im achtzehnten Jahrhundert, Kühltechnik wie Konserven waren noch unbekannt, bedeutete dies eine strikte Kontingentierung der täglich ausgegebenen Nahrungsmittel. Verständlicherweise war der Hunger nach frischem Fleisch groß, wurde eine Insel angelaufen. Die Mannschaft wollte für lange Monate des Mangels entschädigt sein. Dies galt übrigens auch für Frauen: "Allhie findet sich ein schönes, großes Dorf, dessen Einwohner sich alsobald dem Schiffe mit Schweinen und Weibern näherten." Frauen konnten ähnlich wie Schweine als Gastgeschenk angeboten werden, sich aber auch selbst anbieten, um dieses oder jenes zu erhalten. Der Hunger nach solchem Fleisch findet sich bei Bougainville schön beschrieben: "Man kann sich vorstellen, wie schwer es angesichts eines solchen Schauspiels war, 400 junge französische Seeleute, die 6 Monate lang keine Frauensperson mehr gesehen hatten, zu bändigen. Aller Vorsicht ungeachtet kam ein junges Mädchen auf das hintere Verdeck und stellte sich an eine der Luken über dem Gangspill. Diese Luke stand offen, damit die Leute am Spill frische Luft bekamen. Sie ließ ungeniert ihre Bedeckung fallen und stand vor den Augen aller da wie Venus, als sie sich dem phrygischen Hirten zeigte. Sie hatte einen göttlichen Körper. Matrosen und Soldaten drängten sich zu der Luke, und vielleicht ist niemals so fleißig an einem Spill gearbeitet worden. Durch unsere Sorgfalt hielten wir doch das verzauberte Schiffsvolk im Zaume, obgleich wir nicht wenig mit uns selbst zu kämpfen hatten."

Wie beim Handel mit den Eingeborenen war Cook bemüht, den Umgang mit den Eingeborenenfrauen möglichst zu kontrollieren. Diese sollten nicht an Bord genommen werden, an Syphilis erkrankte Besatzungsmitglieder das Schiff nicht verlassen. Jedoch muss er wiederholt resigniert feststellen, dass er den Kontakt mit Weibern gestattet habe, da er diesen doch nicht verhindern könne und die "Gelegenheiten und Versuchungen zu einer Begegnung der Geschlechter" so vielfältig seien, dass sie sich nicht verhindern ließen. Dass auch ranghohe Besatzungsmitglieder wenig Scheu kannten, mit Frauen von Eingeborenen sexuell zu verkehren, mag folgende Anekdote deutlich machen. Während der ersten Expeditionsfahrt erzwangen notwendige Reparaturarbeiten am Schiff einen längeren Aufenthalt in Batavia. Während dieser Zeit fielen mehrere Besatzungsmitglieder der Malaria und der Ruhr zum Opfer. Auch der Botaniker Daniel Solander wie der Naturforscher Joseph Banks erkrankten. Jeder von den beiden kaufte sich eine Malayen-Frau "in der Hoffnung, die zärtliche Hingabe eines Weibes werde sogar in einem solchen Fall obsiegen, wie es denn auch in der Tat geschah." Während der Aufenthalte auf den Inseln sollten sich die Besatzungsmitglieder erholen und an Gewicht zunehmen, um für kommende Entbehrungen besser gerüstet zu sein. Aber wie bei anderen Bemühungen musste Cook auch hier ernüchternde Erfahrungen machen: "Die Besatzung unseres Schiffes war von der stets harten Arbeit hierorts und dem zu freien Verkehr mit Frauen bei schlechterer Gesundheit denn bei unserer Ankunft; die Hälfte litt nunmehr unter der geschlechtlichen Krankheit."

Schweine und Frauen. Keinesfalls eine leichtfertige Gleichsetzung meinerseits. Robert Louis Stevenson spielt in einer seiner Südseeerzählungen darauf an, lässt er eine Eingeborene, die eben von einem weißen Händler geheiratet wurde, dies mit der Möglichkeit, das Verhältnis jederzeit zu beenden, sagen: "Ich Euer eigen wie Schwein." Schweine, ihre mit Abstand wertvollsten Haustiere, waren für die Eingeborenen höchst besetzt. Eberzähne etwa wurden als Schmuck getragen. Wie nah für die Polynesier das Schwein dem Menschen war, wird etwa dort deutlich, wo in kannibalistischen Praktiken Menschenfleisch als "Langschwein" verzehrt wurde.

Während sich auf der ersten Expedition von Cook neben Tieren, die während der Reise geschlachtet werden sollten, auch eine Ziege an Bord befand, "damit man auch den Kaffee der Südsee mit Milch nehmen" könne, nahm die Zahl der mitgeführten Tiere auf den späteren Reisen auffallend zu. Auf seiner dritten Expeditionsreise führte Cook bereits so viele Tiere mit, dass es nicht übertrieben ist, von schwimmenden Bauernhöfen zu sprechen. Neben Schweinen, Schafen und Ziegen galt es auch einen Bullen, zwei Kühe mit ihren Kälbern, ein Geschenk König Georg III., mit Heu und Getreide zu versorgen. Wurde eine Küste angelaufen, war nicht nur an Wasser, an Holz oder Schweine, sondern auch an frisches Gras zu denken.

Die Rinder sollten wie andere Tiere auf Tahiti heimisch gemacht waren. Es ging um Besiedelung, um künftige Fahrten, um künftige Versorgung mit Fleisch. Eine Inbesitznahme wurde in der Regel durch das Aufstellen einer Tafel behauptet. Solche Zeichen konnten zerstört werden. Hier gewesen zu sein, ließ sich mit Tieren aus englischer Zucht, mit eingeführten Kulturpflanzen, mit bestimmten Gemüse- und Getreidesorten, besser behaupten. Zu diesem Zweck wurden immer wieder Tiere ausgesetzt, Ziegen, Schafe und Schweine, auch Hunde. Was aus dem Bullen, den beiden Kühen und ihren Kälbern wurde, konnte ich dem Logbuch nicht entnehmen. Alles andere als ein Erfolgsprojekt. Mochten die Schweine, Schafe oder Ziegen die lange Fahrt auf hoher See auch überlebt haben, so waren sie doch zumeist in einem so schlechten Zustand, dass sie kaum überlebensfähig waren: "Von vier Mutterschafen und zwei Widdern, die ich vom Kap gebracht hatte mit der Absicht, sie in diesem Land oder in irgendeinem anderen, das sich finden würde, auszusetzen, sah ich mich nur in der Lage, jeweils eines von ihnen durchzubringen, und auch diese beiden Tiere schienen in so schlechtem Zustand, daß es höchst zweifelhaft erscheint, ob sie sich erholen können." Und dann gab es auch Widerstand seitens der Eingeborenen, die von den Vorzügen englischer Schweine überzeugt werden mussten: "Mit der größten Höflichkeit wurden wir gebeten, uns niederzusetzen, wo ich alsbald begann, der beiden Schweine Vorzüge zu preisen, wobei ich ihnen zeigte, wie die Geschlechter zu unterscheiden seien und wobei ich ihnen auch erzählte, wie viele der Jungtiere das weibliche Tier bei nur einem Wurf haben würde; in Kürze: ich übertrieb auf das maßloseste, war doch mein einziger Gedanke, ihnen den Nutzen dieser Tiere verständlich zu machen, um sie anzuhalten, sich ihrer pfleglich anzunehmen."

Wurde Cook auf Hawaii gleich einem Gott empfangen, so sollte sich die Stimmung nur zu rasch ändern. Es würde hier zu weit führen, die Verschränkung von kultischen Praktiken, in die Cook mehr oder weniger zufällig hineingeriet, mit dem verständlichen Bemühen, Schweine wie andere Nahrungsmittel zu beschaffen, näher auszuführen. Die Versorgung des hungrigen Gottes hatte eine Ausplünderung der Inselbewohner durch die Priester zur Folge. Zunehmend dachten die Eingeborenen, "wir kämen aus einem Lande, da Nahrungsmittel fehlten; und daß unser Besuch bei ihnen einzig und allein dem Ziele diente, unsere Speicher aufzufüllen. In der Tat: die magere Erscheinung einiger aus unserer Mannschaft, der herzhafte Appetit, mit welchem wir uns über ihre frischen Lebensmittel hermachten, und unser großes Bemühen, zu erhalten und fortzutreiben, soviel wir irgend konnten, brachte sie - natürlich genug - zu solcher Schlußfolgerung. Diesem mag hinzugefügt werden ein Umstand, welcher sie in höchstem Maße verwunderte, der Umstand nämlich, daß wir keinerlei Frauen mit uns führten; dazu kam noch unser ruhiges Verhalten und unsere wahrlich unkriegerische Erscheinung. Nun wir uns 16 Tage in jener Bai aufhielten und so man den enormen Verbrauch von Schweinen und Früchten bedachte, so konnte es nicht Wunder nehmen, daß sie uns gerne hätten abreisen sehen."

Am 4. Februar segelten die Schiffe endlich ab, nach einem "enormen Verzehr von Schweinen und Gemüsen." Als wenige Tage später während eines Sturmes der bereits beschädigte Vormast der Resolution brach, sah sich Cook gezwungen, in die Bucht zurückzukehren. Zur großen Überraschung der Engländer zeigten sich die bisher so freundlichen Inselbewohner höchst feindselig. In einer der folgenden Auseinandersetzungen kam Cook um. Er wurde mit einem Messer aus englischer Produktion erstochen, also einem Gegenstand, der wohl als Geschenk gedient hatte. Cooks Leichnam wurde zu einem Objekt kultischer Praktiken, in denen zweifellos auch Schweine ihre Rolle zu spielen hatten. Sein Leichnam wurde zerstückelt und an mehrere höher gestellte Eingeborene verteilt. Kurz darauf wurden einige Teile der Schiffsbesatzung ausgehändigt. Dank einer Narbe an seiner Hand ließen sich die Überreste identifizieren und anschließend auf See bestatten.

Literatur:
Beschreibung einer Insel. Ein ethnographischer Spielfilm von Rudolf Thome & Cynthia Beatt, Filmkritik Nr. 245, Mai 1977.
Louis-Antoine de Bougainville, Reise um die Welt, Rütten & Loening 1977.
James Cook, Entdeckungsfahrten im Pacific. - Die Logbücher der Reisen von 1768 bis 1779, Edition Erdmann 1971.
Adam Johann von Krusenstern, Reise um die Welt, Edition Leipzig 1985.
Marshall David Sahlins, Der Tod des Kapitän Cook. Geschichte als Metapher und Mythos als Wirklichkeit in der Frühgeschichte des Königreichs Hawaii, Wagenbach 1986.
Robert Louis Stevenson, In der Südsee, Unionsverlag 2006.

© Bernhard Kathan 2014

[ zur Startseite ]