1962 | Jon Törklánsson wird in Akranes (Island) geboren Törklánsson: Es war eine Hausgeburt, 'Natur pur', wenn Sie so wollen (lacht). Spaß beiseite: Trotz der Nähe zu Reykjavik war das damals noch durchaus üblich in Island. |
1981 | Törklánsson geht nach Dänemark und beginnt ein Studium für
Design und Produktentwicklung in Kopenhagen, das er zwei Jahre später
frustriert abbricht.
Törklánsson: Das war ausschließlich auf verwertbare Dinge ausgerichtet, und das widerstrebte mir, wie ich leider erst während des Studiums realisierte. Ich habe auch keine einzige Prüfung abgelegt. |
1983 | Törklánsson folgt seiner damaligen, deutschen Freundin, die er
an der Hochschule kennengelernt hatte, nach Hamburg, schlägt sich mit
Gelegenheitsarbeiten durch (u.a. als Matrose, Fischfabriksarbeiter und
Straßenmaler) und beginnt zu malen. Im Mittelpunkt seiner Interessen steht
jedoch nicht die Malerei, sondern Semiotik sowie Kultur- und Texttheorien,
die er in der zeitgenössischen französichen Philosophie (die er in
englischen und deutschen Übersetzungen liest) findet. Diese Theorien
faszinieren ihn mehr und mehr und werden ihn nicht mehr loslassen.
In seiner Zeit in Hamburg experimentiert er mit verschiedenen Materialien und versucht, in seinen Bildern und in den Kommentaren über diese Bilder die linguistischen Theorien französischer Theoretiker (Michel Foucault, Roland Barthes, Jean-François Lyotard et al.) einfließen zu lassen. Törklánsson: Ich würde sogar sagen, daß in dieser Zeit diese Texte - von Foucault und Barthes etwa - unabtrennbarer Teil meiner künstlerischen Beschäftigung waren. Die Bilder aus den 80er-Jahren - oder auch andere Objekte - sind ein Teil, die Ide-en und Konzepte dieser Theorien ein anderer; wie zwei Seiten eines Blattes Papier. Heute sehe ich diese Verbindung nicht mehr so eng, auch wenn mich die Theorien der französischen Denker weiterhin faszinieren. |
1989 | Eine Reise füht Törklánsson nach Paris, aber mangelnde
Französisch-Kenntnisse verhindern den Besuch von Vorlesungen und Seminaren
an Hochschulen.
Törklánsson: Am Anfang war ich frustriert, aber eigentlich spielte es keine Rolle, denn die Ideen fand ich ja in den Texten, nicht in den Personen. Ich wollte die 'Mei-sterdenker' - Jacques Derrida zum Beispiel - selbst erleben. Daß ich damit jener Il-lusion aufsaß, die Roland Barthes als den "Mythos des Autors" entlarvte, wurde mir erst in Paris klar. Zurück in Hamburg realisiert Törklánsson in kleineren Galerien Ausstellungen seiner Bilder und Texte. Törklánsson: Ich hatte mich sehr lange nicht so recht getraut, und zudem war mein Bedürfnis, meine Arbeit zu präsentieren, mich selbst zu präsentieren, nie besonders ausgeprägt. So wie ich an der Universität keine Prüfungen abgelegt habe, so war es im Grunde auch nicht wichtig, meine Sachen auszustellen. |
1992 | Törklánsson kommt nach München, unterbricht seine
Ausstellungstätigkeiten und besucht wiederum Lehrveranstaltungen an der
Universität (Philosophie, Literatur-wissenschaft).
Auf seiner zweiten Parisreise lernt ihn Martin Sexl (der das Interview führte) in einer Vorlesung von Jacques Derrida kennen. Törklánsson: Ich wollte es noch einmal probieren, weil ich nun besser Französisch verstand, aber ich verstand wiederum nicht allzu viel. Sexl: Zufällig kam ich einmal neben Jon zu sitzen, und das sichtliche Unbehagen angesichts der Auftritte Derridas, das wir am anderen entdeckten, führte dazu, daß wir die Vorlesung nach der Hälfte verließen und uns zu einem Kaffee verabredeten. |
1993 | Einkünfte aus verschiedenen Berufstätigkeiten (Übersetzungen,
Verlagsarbeit) erlau-ben es Törklánsson, ein kleines Atelier in München
einzurichten, ohne auf den Ver-kauf seiner Kunstwerke angewiesen zu sein.
Törklánsson: Eigentlich war ich froh, meine Bilder und Objekte nicht ausstellen zu müssen. Vielleicht bin ich daher auch gar kein 'Maler' im herkömmlichen Sinne. |
1995 | Törklánsson: In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre habe ich nicht viel gemacht: gearbeitet, gemalt, Reisen unternommen, Freunde besucht … |
2001 | Törklánsson schreibt ein Buch über Zusammenhänge zwsichen bildender Kunst am Ende des 20. Jahrhunderts und postmodernen Zeichentheorien, das allerdings nie erscheint. |
2004 | Törklánsson lebt abwechselnd in Island, wo er seit dem Tod seiner Eltern geerbte Grundstücke an Landwirte verpachtet, und München. |
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